Lager Esterwegen

Nachkriegsnutzung ab 1945

1945-1947

Im Sommer 1945 richteten die britischen Besatzungsbehörden in Norddeutschland neun Internierungslager ein, die sich ehemaliger deutscher Lager als Unterkünfte bedienten. Esterwegen trug für kurze Zeit die Bezeichnung „No. 9 CIC (Civil Internment Camp“ und wurde dann in „No. 101 CIC“ umbenannt. Das Lager wurde von kanadischen Truppen bewacht.

Schon bald nach Ende der Kampfhandlungen wurden NS-Funktionäre aus der Region und Wehrmachtsangehörige von den britischen Behörden hier interniert. Darunter war auch eine geringe Anzahl Frauen. Ferner wurden sogenannte „suspect persons“ eingewiesen. Dies waren Personen, welche ohne konkreten Anlass als reine Vorsichtsmaßnahme festgesetzt wurden. Ziel dieser Maßnahme war es, die Sicherheit der Besatzungstruppen zu gewährleisten. Eine andere größere Gruppe waren Mitglieder des deutschen Sicherheitspersonals aus den ehemals besetzten Niederlanden und Norwegen; darunter viele Mannschaften des 27. SS-Polizeiregiments aus Norwegen.

Ab Januar 1946 wurden fast ausschließlich mutmaßliche Kriegsverbrecher („alleged war criminals“) nach Esterwegen gebracht, während man gleichzeitig die übrigen Internierten und „suspect persons“ entließ oder auf andere Lager verteilte. Bei den mutmaßlichen Kriegsverbrechern handelte es sich in erster Linie um ehemalige SS-Wachmannschaften der Konzentrationslager. Die Mehrzahl war deutscher Staatsangehörigkeit, aber es gab auch ungefähr 550 „volksdeutsche“ SS-Angehörige aus Rumänien, Ungarn, Polen, der CSR und Jugoslawien. Ferner internierten die britischen Behörden hier eine geringe Zahl von deutschen, polnischen, russischen und französischen Funktionshäftlingen jüdischer und nicht-jüdischer Herkunft, unter anderem aus den Lagern Sandbostel und Bergen-Belsen.

Unter den Insassen waren darüber hinaus Angehörige der Ghetto-Verwaltung Litzmannstadt und des Reichssicherheitshauptamtes, SS-Ärzte sowie die Kommandanten der Konzentrationslager Cholm und Dachau (Johannes Beike und Alexander Piorkowski). Für einen Monat war 1946 zudem der ehemalige Oberkommandant der emsländischen Strafgefangenenlager, Werner Schäfer, in Esterwegen inhaftiert, bevor man ihn nach Großbritannien verlegte.

Die Internierten sollten auf diese Weise zunächst in Esterwegen konzentriert werden, um sie später den zuständigen Gerichten überstellen zu können. In der Folge kam es zu Auslieferungen an die UdSSR, Jugoslawien und in Einzelfällen an Frankreich. Andere Personen sollten als Zeugen in Kriegsverbrecherprozessen bereitgehalten werden.

Den Höchststand der Belegung erreichte Esterwegen im Juni 1946 mit 2.547 Internierten.


1947-1951

Im Juli 1947 installierte die britische Besatzungsmacht in ihre Zone sogenannte „Spruchgerichte“, welche Personen aburteilen sollten, die Organisationen angehört hatten, die im Nürnberger Hauptkriegsverbrecherprozess als verbrecherisch eingestuft worden waren (Gestapo, SS, SD). Die Gerichte konnten Haftstrafen aussprechen und als Haftort war Esterwegen vorgesehen. Aus diesem Grund wurden die dort noch verbliebenen mutmaßlichen Kriegsverbrecher in das neuerrichtete „War Criminals Holding Centre“ nach Hamburg-Fischbek oder in andere Internierungslager gebracht.

Gleichzeitig wurde Esterwegen ab Sommer 1947 als reguläre Strafanstalt der deutschen Justizverwaltung genutzt. Streng getrennt von den übrigen Häftlingen saßen unter britischer Aufsicht etwa 900 Spruchgerichtsverurteilte ein. Unter ihnen waren die ehemaligen Gauleiter Franz Schwede, Friedrich Karl Florian, Paul Wegener und Hinrich Lohse. Ferner die hohen SS-Führer Udo von Woyrsch und Emil Mazuw, der Kommandant des Konzentrationslager Groß-Rosen Wilhelm Gideon sowie die Beamten des ehemaligen Reichssicherheitshauptamtes Otto Hunsche und Franz Sonderegger.

Die Zahl der inhaftierten Spruchgerichtsverurteilten nahm allerdings durch Entlassungen und Begnadigungen stetig ab, so dass Esterwegen bereits 1951 als Haftanstalt für Spruchgerichtsverurteilte geschlossen wurde. 


1953-1959

Durchgangslager für "Sowjetzonenflüchtlinge". Abtragung erster Baracken.


1959-1961

Rückgabe des Lagergeländes an das Land Niedersachsen. Nutzung als Wohnlager für Justizbedienstete


1963-2001

Übergabe des Lagergeländes an die Bundesrepublik Deutschland. Nutzung als Bundeswehrdepot zunächst für Bekleidung, dann Verpflegung, zuletzt für eine Reserve-Lazarett-Gruppe. Dazu Abtragung aller verbliebenen Baracken, Errichtung von Lagerhallen beidseits der Lagerstraße und Anlage von Grünstreifen. 2001 Übernahme durch den Landkreis Emsland.


ab 2006

  • Mai 2006: Eröffnung des vorläufigen Betriebs der Gedenkstätte Estwegen.
  • August 2008: Die Stiftung Gedenkstätte Esterwegen übernimmt das Gelände des ehemaligen Konzentrations- und Strafgefangenenlagers Esterwegen vom Landkreis Emsland.
  • Frühjahr bzw. Herbst 2009: Beginn der ersten Maßnahmen zur Errichtung einer Gedenkstätte
  • 31. Oktober 2011: Eröffnung der Gedenkstätte Esterwegen

Kurzführungen - in deutsch und auch in niederländischer Sprache

Jeden 1. Sonntag im Monat, jeweils um 11 Uhr und 15 Uhr.