"Dadurch wird alles viel anschaulicher"

Ein Zeitzeuge erinnert sich

vb Esterwegen. "34 Karos quer und sieben Karos hoch." Carsten Wiechmann aus Bremen ist 85 Jahre alt, und noch heute weiß er genau, wie groß sein karierte Kopfkissen im Strafgefangenenlager Esterwegen war. 1941 war der ehemalige Wehrmachtssoldat wegen Fahnenflucht in diesem Lager inhaftiert - am Dienstag erzählte er 19 Teilnehmern eines internationalen Workcamps aus einem Leben.

1941 war der ehemalige Obergefreite in Russland für die Verpflegung einer über 100 Mann starken Luftwaffeneinheit zuständig. Drei Stunden hatte er eines Tages Zeit bekommen, um Nahrung zu beschaffen - sieben Stunden hatte es jedoch gedauert. "Das hat gereich, um als ´Fahnenflüchtling` zu fünf Jahren Gefängnis verurteilt zu werden."

Die Zuhörer sind überrascht zu erfahren, dass auch deutsche Soldaten für derartige `Taten´ in das Lager Esterwegen eingewiesen worden sind. Sie selbst sind zwischen 16 und 23 Jahre alt und kommen aus Russland, Moldawien, Polen,
Bulgarien, der Ukraine sowie Deutschland und nehmen an einem internationalen Workcamp des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge sowie des Landkreises Emsland teil. Vormittags arbeiten sie an verschiedenen Grabungsstellen auf dem Gelände des ehemaligen Konzentrations- und Strafgefangenenlagers, und nachmittags wird die Umgebung erkundet, finden Seminare oder wie am Dienstag einen Zeitzeugenbegegnung statt. Für dieses Workcamp in Kauf genommen haben die Teilnehmer dafür eine bis zu viertägige Anreise per Bus und Bahn.

Die Gruppe ist dabei schon in den ersten Tagen gut zusammengewachsen, wie Teamleiterin Gudrun Janzer berichtet. "Schade ist nur, dass eine solche direkte Begegnung mit einem Zeitzeugen in ein paar Jahren allein als Altersgründen nicht mehr möglich sein wird", steht Teamer Hajmo Hausmann aus Holzminiden noch ganz unter dem Eindruck des Vortrages. "Dadurch wird alles viel anschaulicher.

So berichtet Carsten Wiechmann noch von stundenlangen Appellen, Schießübungen auf seine Kameraden und gelegentlichen Arbeitseinsätzen bei Landwirten in der Region. "Da gab es meist wenigstens gut zu essen - anders als im Lager."

Meppener Tagespost am 07.08.2008

Kurzführungen - in deutsch und auch in niederländischer Sprache

Jeden 1. Sonntag im Monat, jeweils um 11 Uhr und 15 Uhr.