"Erfühlen und erschließen" als Motto

Emsländischer Esterwegen-Beirat informierte sich unter anderem in der Gedenkstätte Sachsenhausen
Der Leiter der Gedenkstätte des ehemaligen KZ Sachsenhausen, Prof. Dr. Günter Morsch (Zweiter von rechts), stellte den Mitgliedern des Esterweger Beirates die Konzeption der Gedenkstätte in Oranienburg bei Berlin vor.
Das Lagertor des KZ Sachsenhausen existiert noch heute.

Von Carsten van Bevern. Oranienburg/Esterwegen. Ein gutes Wegeleitsystem und ein Besucherzentrum sind nach Ansicht des Leiters der Gedenkstätte Sachsenhausen und Direktors der Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten, Prof. Dr. Günter Morsch, unabdingbar für eine Gedenkstätte. Morsch erläuterte den Beiratsmitgliedern der Gedenkstätte Esterwegen die Konzeption der Gedenkstätte und des Museums Sachsenhausen in Oranienburg bei Berlin.

"Vor dem Gang über das eigentliche Lagergelände ist der Besuch eines Besucherzentrums mit ersten Informationen ein Muss", erklärte der Fachmann den Besuchern aus dem Emsland. Der Erlebnisansatz müsse - wie zum Beispiel im Kölner Dom "Erfühlen und erschließen" lauten. So seien laut der jüngsten Besucherbefragung in Sachsenhausen die zur Verfügung gestellten Informationsmittel für das Verstehen enorm wichtig. So gibt es im Besucherzentrum in Sachsenhausen einen zweiminütigen Einführungsfilm zur Lagergeschichte, ein Modell des Lagers, viele PC-Stationen mit Original-Tönen und anklickbaren historischen Fotos. "Zudem sind hier die pädagogische Bibliothek, die Mediathek sowie vier bis fünf kleine Gruppenarbeitsräume untergebracht", erläuterte Morsch die räumliche Konzeption des Besucherzentrums. Am authentischen Ort selber dürfen nach Morschs Erfahrung die Besucher nicht alleine gelassen werden: "Wir haben jährlich rund 350.000 Besucher, und davon haben viele nur ein sehr geringes Hintergrundwissen." 1997 waren 60 Prozent Individualbesucher und 40 Prozent Gruppenbesucher - mit allerdings steigender Tendenz zum Gruppenbesuch. Als pädagogisches Angebot der Gedenkstätte können Lehrkräfte der Gedenkstätte die Vorbereitung der Gruppen bis hin zur eintägigen Projektarbeit mitsamt einer Führung anbieten. "In der Praxis hat ein intensiveres Tagesprojekt dabei immer Priorität vor drei Zweieinhalb-Stunden-Programmen. Dabei gilt auch das Prinzip ,pars pro toto': Das Wissen über einen Aspekt ist viel besser, als über vieles zu wissen." So bekomme auch derjenige, der "etwas erleben will", die Antwort: "Tut mir leid, das KZ ist schon geschlossen."

In der mit einer Fläche von rund 30 Hektar sehr großen Gedenkstätte Sachsenhausen gibt es - entgegen der Gedenkstätte in Hamburg-Neuengamme - an elf authentischen Orten Ausstellungen mit den grundlegenden Informationen. "Das funktioniert sehr gut. Alles ist in einer Stunde ,konsumierbar'. Die elf Ausstellungen sind dabei durch verschiedene Symbole gekennzeichnet", berichtet Morsch aus der Praxis.

Zudem wies Morsch die Besucher aus dem Emsland auf Verbindungen zwischen Esterwegen und Sachsenhausen hin: So hat der Architekt des Konzentrationslagers Sachsenhausen, Bernhard Kuiper, auch den Umbau im Lager Esterwegen im Jahr 1936 geleitet. U. a. waren es Esterweger Häftlinge, die zusammen mit rund 200 Privatfirmen in einem Jahr 100 Gebäude für das KZ Sachsenhausen errichtet und 40 Hektar Wald geschlagen haben. Und noch eine personelle Verbindung zwischen Esterwegen und Sachsenhausen gibt es: Karl Otto Koch. Dieser war von November 1934 bis Februar 1935 als "Führer der Lagertruppe" und ab April 1936 - inzwischen SS-Sturmbannführer - als Lagerkommandant in Esterwegen tätig und wechselte nach Auflösung des KZ Esterwegen in gleicher Funktion nach Sachsenhausen und später zum KZ Buchenwald bei Weimar. Im April 1945 wurde er schließlich auf Befehl des Reichsführers-SS Heinrich Himmler wegen Mordes sowie zahlreicher Unterschlagungen erschossen.

aus: Meppener Tagespost vom 24.05.2007

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