Gedenkstätte in Esterwegen soll 2011 eröffnet werden

Von Carsten van Bevern
Esterwegen. Auf dem Gelände des ehemaligen Konzentrations- und Strafgefangenenlagers Esterwegen soll die zentrale Gedenkstätte für die 15 Emslandlager entstehen. Dazu hat der Landkreis Emsland 2001 bzw. 2006 das Lagergelände und die angrenzenden Bereiche übernommen; umfangreiche archäologische Grabungen wurden durchgeführt. Seit 2006 können Besuchergruppen über das Gelände geführt werden. Im Herbst 2007 ist die Stiftung Gedenkstätte Esterwegen gegründet worden, deren Geschäftsführerin Dr. Andrea Kaltofen sich in einem Interview mit unserer Zeitung zum Zeitplan der Baumaßnahmen, dem derzeitigen Besucherinteresse sowie den künftigen Aufgaben äußerte:

2013 wird es 80 Jahre her sein, dass das erste Emslandlager gebaut wurde. Wird es zu diesem Datum bereits die Gedenkstätte Esterwegen geben?
Der Aufbau der Gedenkstätte ist in drei jährlichen Bauabschnitten geplant, der erste hat im laufenden Jahr bereits begonnen. Es ist natürlich ein sehr ehrgeiziger Plan, die Gedenkstätte in drei Jahren fertigstellen zu wollen, aber: Wir wollen schon Ende 2011 die Gedenkstätte mit einem gestalteten ehemaligen Lagergelände und einem Besucherinformationszentrum eröffnen und damit den derzeitigen „vorläufigen“ Gedenkstättenbetrieb in einen regulären überführen.

Zu den Finanzen: Welche Geldgeber gibt es für dieses Projekt? Mit welchem Kostenrahmen wird gerechnet?
Der Kostenrahmen ist auf 5,64 Millionen Euro beziffert. Es ist gelungen, das Projekt Esterwegen sowohl in der Gedenkstättenförderung des Bundes als auch des Landes Niedersachsen zu platzieren. Die Stiftung Gedenkstätte Esterwegen wird darüber hinaus eine Förderung sowohl des Landkreises Emsland als auch verschiedener Stiftungen erhalten.

Wann wurde mit den ersten Arbeiten begonnen, und welche Arbeiten stehen zunächst an?
Wir haben im Winter diesen Jahres bereits mit den ersten Geländearbeiten begonnen. Gemäß dem vom Kreistag beschlossenen Gestaltungskonzept der Hambur-ger-Berliner Architektengruppe WES und Partner mit H.H.Krafft wurde der in den 1970er-Jahren als Sichtschutz für das Bundeswehrdepot angepflanzte Grünstreifen zur Visualisierung der Standorte der Häftlingsbaracken im Konzentrations- und Strafgefangenenlager Esterwegen benutzt. Es blieben die Bäume und Sträucher überall dort stehen, wo früher die Baracken gestanden haben, alle anderen Bäume wurden weggenommen. Dadurch hat das Gelände bereits jetzt eine gut ablesbare Struktur. Man kann die ehemalige Lagertopografie schon nachvollziehen, die früheren Baracken regelrecht abzählen. In Kürze werden nun die Bauelemente des früheren Lagers, die für die brutale Gewaltausübung gegenüber den Häftlingen stehen – und das waren insbesondere die hohe Außenmauer mit den Wachtürmen und die Tore, die die Häftlinge auf dem Weg zur Zwangsarbeit im Moor täglich passieren mussten – durch große Stahlelemente markiert und damit in eine moderne Gestaltungssprache „übersetzt“. Schließlich beginnen die ersten Planungen für das Foyer des Besucherinformationszentrums, das in einer der großen Bundeswehrdepothallen eingerichtet werden wird.

Welche Arbeiten bzw. Bauabschnitte folgen bis zur Fertigstellung?
Der erste Bauabschnitt endet 2009, im nächsten Jahr sollen die Gestaltungsmaßnahmen auf dem ehemaligen Lagergelände abgeschlossen werden, das Foyer errichtet sein. Gleichzeitig soll begonnen werden, die große Halle mit der notwendigen Technik auszustatten. Im letzten Bauabschnitt sollen in der Halle die Ausstellungen aufgebaut, die Medien- und Seminarräume eingerichtet und schließlich auch die Büros bezogen werden können.

Seit 2006 gibt es einen provisorischen Gedenkstättenbetrieb. Werden auch während des Umbaus Interessierte das Gelände besuchen können? Und wie werden die Führungen angenommen?
Im vorläufigen Gedenkstättenbetrieb können Besucher derzeit in den Sommermonaten an jedem 1. und 3. Sonntag eines Monats um 11 Uhr an einer Führung teilnehmen. Darüber hinaus werden Gruppen auf Anmeldung geführt – im letzten Jahr haben rund 10000 Besucher daran teilgenommen. Wir werden mit den Führungen auch in den kommenden Monaten fortfahren, soweit es die Baumaßnahmen erlauben. Wir weisen aber auch immer ausdrücklich auf die Vorläufigkeit des Gedenkstättenbetriebes hin.

Wir schreiben das Jahr 2015: Was wird der Besucher in der Gedenkstätte vorfinden, welche Angebote wird/ könnte es geben?
Dann werden Besucher eine arbeitende Gedenkstätte besuchen, in der sich gerade junge Leute in den Ausstellungen und auf dem Lagergelände über das Geschehen zwischen 1933 und 1945 informieren und auch ältere „Zeitzeugen“ sich mit ihrer eigenen Geschichte auseinandersetzen können. Eine Gedenkstätte, in der es Vorträge, Workshops und Seminare zum Nationalsozialismus nicht nur in der Region gibt. Eine Gedenkstätte, die als außerschulischer Lernstandort von allen Schulen der Region genutzt wird. Die Besucher werden – von Audioguides unterstützt – das ehemalige Lagergelände und die Ausstellungen, aber auch den Arbeitsort „Moor“ der Häftlinge kennenlernen, sie werden Gelegenheit haben, über das Gehörte und Gesehene zu reflektieren und daraus Lehren für Gegenwart und Zukunft zu ziehen.

Kurzführungen - in deutsch und auch in niederländischer Sprache

Jeden 1. Sonntag im Monat, jeweils um 11 Uhr und 15 Uhr.