Karl Salling Møller überlebte Haft, Häftlinge mussten bei Meppen Panzergräben ausheben

Meppen-Versen. Bis Mitte März 1945 verbrachte Karl Salling Møller vier Monate seines Lebens im Emsland. Als dänischer Widerstandskämpfer im Mai 1944 verhaftet, musste er bei Meppen Panzergräben und Unterstände ausheben. Er hat überlebt. Der heute 86-Jährige wird am kommenden Wochenende zum wiederholten Mal ins Emsland zurückkehren, um an der Eröffnung der Gedenkstätte Esterwegen teilzunehmen.

Am 27. April 1925 in Nibe geboren, bekam Møller als Mitglied einer christlichen Jugendorganisation 1943 im von deutschen Truppen besetzten Dänemark Kontakt zu einer Widerstandsgruppe. Doch die Gruppe wurde entdeckt und wenige Tage, nachdem sie von den Engländern Waffen für den Kampf im Untergrund bekommen hatte, ist der damals 18-Jährige im Rasiersalon seines Vaters verhaftet worden. Über Gefängnisse in Ålborg und Kopenhagen sowie das Lager Frøslev kam Møller im Oktober 1944 in das Konzentrationslager Neuengamme bei Hamburg. Komplett überfüllt, wurden immer mehr Nebenstellen eingerichtet. Gegen Kriegsende erstreckten sich die 90 Außenlager von Ladelund an der Grenze zu Dänemark, im Osten bis zur Lutherstadt Wittenberg, im Süden bis Bad Sassendorf – und im Westen bis nach Meppen: In Versen und im Lager Dalum untergebracht, mussten bis zu 4000 Häftlinge aus mehr als 20 europäischen Ländern Befestigungen und Panzergräben errichten (Projekt „Friesenwall“). Møller war als einer von rund 200 Dänen Teil dieser Gruppe.

Im kalten Winter 1944/45 waren die Häftlinge in undichten Baracken und völlig unzureichender Kleidung der harten Witterung ausgesetzt. „Die Baracken waren ohne Bettgestelle. In den ersten vier Wochen gab es auch kein Stroh. Die meisten mussten also auf dem blanken Boden liegen, und da die Dächer kaputt waren und es durchregnete, kamen wir niemals aus den Kleidern und waren niemals trocken“, erinnert sich der dänische Häftling Morten Ruge an die im Dezember 1944 im Lager Versen herrschenden Zustände. „Jeder musste für sein eigenes Überleben kämpfen. Das Stück Brot, das ich für mich selbst ergatterte, fehlte einem anderen und ließ ihn sterben. Es ist eine schreckliche Erfahrung, an sich selbst zu spüren, dass man kein moralisches Verhalten mehr zustande bringt, wenn man weniger als 900 Kalorien bekommt.“

Mehr als 600 der Häftlinge überlebten Kälte und Nässe sowie mangelhafte Ernährung und die Schikanen der Wachmannschaften nicht.

Etwas erleichtert wurde allerdings jenen Insassen die Haft, die Anfang 1945 durch das Rote Kreuz ein Hilfspaket erhielten. „Ich bekam einen schönen Pullover, eine Mütze, ein neues Hemd, dicke Socken und gute Stiefel. In den Paketen gab es auch etwas zu essen und Zigaretten. Das alles war nicht mit Gold zu bezahlen“, erinnert sich Møller 2009 beim Besuch des Dokumentations- und Informationszentrums (DIZ) Emslandlager in Papenburg. Dem DIZ übergab er auch diese Stiefel, die sein Überleben mit gesichert haben. Auch in der neuen Dauerausstellung der Gedenkstätte Esterwegen werden sie gezeigt.

Mitte März ordnete die SS die Rückkehr der Häftlinge nach Neuengamme an. Nach Verhandlungen des schwedischen Grafen und Vizepräsidenten des Roten Kreuzes Folke Bernadotte mit Reichsführer-SS Heinrich Himmler wurden die skandinavischen Häftlinge am 20. April 1945 mit weißen Bussen dort abgeholt und ins neutrale Schweden gebracht. Am 17. Mai 1945 kehrte Karl Salling Møller nach Hause zurück und lebt seither in Ålborg.

Autor: Carsten van Bevern, Meppener Tagespost am 27. Oktober 2011

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