Kommentar: Aktive Gedenkstättenarbeit anstatt zu viel Beton

Von Carsten van Bevern
Was ist eigentlich eine Gedenkstätte? Eine Gedenkstätte ist ein Ort mit einem starken Bezug zu einem traurigen Ereignis, der baulich und/oder gärtnerisch zu einem Denk- und Mahnmal umgestaltet wurde. In Esterwegen soll eine solche Gedenkstätte entstehen. Nur wie soll sie aussehen?

Können die Rekonstruierung bzw. Umsetzung einer Häftlingsbaracke diesen Ort der Erinnerung "zum Sprechen" bringen? Oder soll er gar ohne Führungen auskommen und nur durch sich selber sprechen? Forderungen, die in solche Richtungen gehen, weisen in die falsche.

Eine Baracke mag die Dimension eines der früheren KZ-Gebäude demonstrieren - aber ist das wirklich wichtig? Den täglichen Terror, die Angst vor dem nächsten Appell oder den Gestank kann ein solches Gebäude nicht wiedergeben. Und auch noch so zahlreiche und durchdachte Gestaltungselemente werden nicht bewirken, dass die Gedenkstätte Esterwegen "durch sich selbst" das frühere Geschehen erklären kann. Auch die so aufwendig gestaltete Gedenkstätte des ehemaligen KZ Neuengamme vermag dies nicht.

Für dieses Verstehen ist vielmehr zwingend eine aktive Gedenkstättenarbeit nötig: Und zwar in Form von qualifizierten Führungen, Projektarbeiten, durch eine Vermittlung zumindest historischen Basiswissens vor Betreten des eigentlichen Geländes sowie in Form von Begegnungen mit Zeitzeugen. Entweder durch persönliche Begegnungen oder in aufbereiteter Weise als O-Ton, Video oder Aufzeichnung.

Erst durch solche Aktivitäten und Angebote kann diese Stätte das ehemalige Lager wirklich "zum Sprechen" bringen. Die bisherigen Jugendcamps auf dem Gelände und die intensive Forschungs- und Betreuungsarbeit des DIZ sind dazu schon mehr als ein guter Anfang. Ein Barackennachbau, Betonstelen, die die 15 Emslandlager symbolisieren sollen, oder auch ein Betonklotz als Abstraktion einer Baracke auf dem Gelände sind dann überflüssig.

aus: Meppener Tagespost vom 26.05.2007

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