Wird Westerbork zum Modell für die Gedenkstätte in Esterwegen?

Kommunalpolitiker des Kreistages informierten sich in Holland – 90.000 Besucher

Westerbork/NL

Die Überlegungen zur Errichtung einer Gedenkstätte auf dem ehemaligen Lagergelände in Esterwegen wurden jetzt durch einen gemeinsamen Besuch des Kulturausschusses des emsländischen Kreistages, des Gemeinderates Esterwegen und einer zuständigen Arbeitsgruppe im Erinnerungszentrum „Kamp Westerbork“ in den Niederlangen vorangetrieben.

Hintergrund der Fahrt ist die Absicht des Landkreises und der Gemeinde Esterwegen auf dem ehemaligen Lagergelände in Esterwegen eine KZ-Gedenkstätte zu errichten. Hier befand sich zwischen 1933 und 1945 eines der 15 „Emslandlager“. Bekannt geworden war das Lager insbesondere durch dort inhaftierte Regimegegner wie zum Beispiel den Friedensnobelpreisträger Carl von Ossietzky. Zuletzt diente das Lager der Bundeswehr als Depot.

Das Bundesfinanzministerium hatte im letzten Jahr zugesagt, die geschichtsträchtige Fläche dem Landkreis Emsland kostenlos zu übergeben. Die Verhandlungen laufen aber noch, da die Altlastenfrage bisher nicht endgültig geklärt werden konnte.

Dem Landkreis und der Gemeinde Esterwegen schwebt vor, eine KZ-Gedenkstätte zu errichten, die gleichzeitig für alle Emslandlager an die Beseitigung der Demokratie und den Aufbau einer totalitären Herrschaft erinnern soll, zu deren schrecklichsten Einrichtungen Konzentrations- und Straflager – auch im Emsland – gehört haben.

Um für dieses Vorhaben neue Anregungen zu gewinnen, nahm man nun Westerbork in Augenschein. Das Lager diente unter der Herrschaft der Nazis als Deportationslager. Von hier fuhren zwischen dem 15. Juli 1942 und dem 13. September 1944 insgesamt 93 Züge ab. Mehr als 100.000 Menschen wurden von Westerbork aus in die Konzentrations- und Vernichtungslager nach Deutschland und Polen gebracht. Erst 197 wurden die letzten Baracken abgebrochen, so dass vom eigentlichen Lager nichts mehr bliebt.

1970 enthüllte Königin Juliana ein Denkmal als „Nationales Mahnmal Westerbork“. Einer kleinen Gruppe Menschen unter der Leitung der Tochter eines in den dreißiger Jahren aus Deutschland geflüchteten Juden was das jedoch nicht genug. Sie setzten sich dafür ein, aus dem Gelände einen Ort der Erinnerung, der Besinnung und des Gedenkens werden zu lassen. Am 12. April 1983 eröffnete Königin Beatrix das „Herinneringscentrum Kamp Westerbork“. Die ständige Ausstellung in dem Zentrum vermittelt ein Bild von der Kriegs- und Besatzungszeit.

Darüber hinaus werden Filmvorführungen und Vorträge geboten. Das ehemalige Gelände des Lagers zeigt nur noch in sehr geringem Umfang Authentisches. Die ehemaligen Baracken werden symbolisiert durch aufgeschüttete Sandhaufen. Auch der Lagerzaun ist nur noch an einer Stelle wieder hergerichtet worden. „Es ist immer wieder eine Herausforderung mit nichts Authentischem dem Besucher die Vergangenheit lebhaft vor Augen zu führen“, erklärte der Österreicher Günter Sturm, der im Lager Westerbork seinen Zivildienst ableistet. José Martin, Pressesprecher des Erinnerungszentrums erklärte, dass das Lager von rund 90.000 Besuchern jährlich aufgesucht werde.

Finanziert worden sei es durch staatliche Zuschüsse und einen Freundeskreis. Wichtigster Teil der Finanzierung sei aber die „Aktie Kamp Westerbork“ gewesen. Jede Aktie sei ein Stein, der symbolisch für einen der 102.000 deportierten Menschen stehe. Für 25 Gulden war die Aktie zu erwerben, wovon reichlich Gebrauch gemacht worden sei. Wichtig sei es auch, mit klar eingegrenzten Vorstellungen an die Errichtung einer Gedenkstätte heranzugehen. Ansonsten könnte es sein, dass die Planungen am Ende nicht mehr den Vorstellungen entsprächen.

Kurzführungen - in deutsch und auch in niederländischer Sprache

Jeden 1. Sonntag im Monat, jeweils um 11 Uhr und 15 Uhr.