Ein stiller Ort der Erinnerung

Landkreis Emsland baut in Esterwegen eine Gedenkstätte für das ehemalige Konzentrationslager auf

Von Petra Diek-Münchow

Esterwegen. Der Landkreis Emsland beginnt jetzt mit dem Aufbau einer Gedenkstätte für das ehemalige Konzentrationslager Esterwegen. Am Sonnta, 7. Mai, gibt es die erste Führung über das Gelände.

Gelb leuchten die Forsythien hinter dem Eingangstor. Die Birken schlagen grün aus, Vögel zwitschern miteinander um die Wette. Angesichts der aufblühenden Frühlingsidylle kann man sich kaum vorstellen, dass hier zwischen 1933 und 1945 tausenden Menschen gequält, schikaniert, ermordet worden sind. Auch Landrat Bröring, der sich mit Kulturdezernentin Andrea Kaltofen das Gelände vor der Eröffnung ansieht, schaut skeptisch auf die kospenden Büsche. "Das sieht alles viel zu lieblich aus", sagt er und möchte am liebsten viel mehr Bäume fällen.

Auch wenn manches auf der 480 Meter langen Fläche noch provisorisch wirkt: Der Landrat und seine Gremien wollen nicht länger warten - wollen in Esterwegen bewusst keine Fix-und-Fertig-Lösung, kein "Disney-Land" der Betroffenheit präsentieren. Es soll ein schlichter, ein stiller Ort werden, der Raum lässt für Besinnung und Nachdenklichkeit. Erinnerung braucht keine großen Bauten. "Wir fangen jetzt an und machen Schritt für Schritt weiter", sagt Bröring.

Dafür reicht zunächst der 1,5 Kilometer lange Rundweg, auf dem an zwölf Stationen Foto-Tafeln über das System des Terrors im Lager informieren. Den sachlichen Texten links stehen rechts Originalzitate ehemaliger Häftlinge gegenüber. Ihre bitteren Worte über die Hölle im Moor lassen niemanden ungerührt. Bei den Tafeln sehen die Besucher wenige ausgegrabene Reste: das Fundament des Innentores, ein Teil der Lagerstraße, Steine der Wachtürme. Auch wenn es nur Fragmente sind: Wer wachen Auges und Herzens den Zaun entlang geht, kann die Angst und Not der Gefangenen erahnen. Später wird es neben dem Gelände ein Besucherzentrum geben, das die Geschichte der 15 Emslandlager näher dokumentiert.

Fragen bleiben, das weiß der Landrat. Was passiert mit Eingangstor oder Lagerstraße? Soll man eine der lange abgerissenen Baracken wieder aufbauen? Experten raten ab. Den Gestank, die Kälte, den Hunger, das Ungeziefer, die Isolation: das kann keine saubere Halle zeigen. Aber Bröring kann die Wünsche derer verstehen, die für eine Rekonstruktion sind. Es kann sich ein "Experiment" vorstellen, außerhalb des Kerngeländes. Eher aber neigen er und Andrea Kaltofen dazu, die Baracken abstrahiert als Baumskulptur rechts und links der Lagerstraße zu zeigen.

Bei allen Ideen und Diskussionen will der Landkreis die einheimische Bevölkerung einbeziehen. Esterweger Bürger werden nach einer Ausbildung die Gäste über das Gelände führen. Und Bröring ist gespannt auf beider Reaktionen, denn auch die sollen in den Prozess mit einfließen.


aus: Kirchenbote des Bistums Osnabrück vom 07.05.2006

Kurzführungen - in deutsch und auch in niederländischer Sprache

Jeden 1. Sonntag im Monat, jeweils um 11 Uhr und 15 Uhr.